Das Mosaik der deutschen Gesellschaft und das Kopftuch

Mosaike zeigen uns symbolhaft auf, wie Unterschiedliches zu einem äußerst harmonisch-ästhetischen Gebilde fusionieren kann. Unsere Gesellschaft ist doch im Grunde auch wie ein Mosaik; durch das Zusammenkommen unterschiedlichster Menschen kann ein harmonisches Ganzes entstehen. Dazu bedarf es aber grundsätzlich einer Wertschätzung von Leben im Allgemeinen und eines ehrlichen Umgangs und Hinterfragens von zumeist unreflektierten Wahrnehmungsprozessen bei einem selbst. Will man ungünstige Umstände in der Gesellschaft, gar in der Welt verändern, dann muss man schließlich bei sich selbst anfangen. 

Ein Kleidungsstück gilt als vermeintlicher Indikator für Unterdrückung und fehlende Bildung – und die Trägerin damit als rückständig und vielleicht sogar als minderwertig. Aufwändige Experimente belegen das, womit viele vertraut sind: „Wir haben festgestellt, dass die Vorurteile gegenüber Muslimen zu ausgeprägt sind und nicht durch gutes staatsbürgerliches Verhalten überwunden werden kann“, heißt es in einer neuen Studie von Nicholas Sambanis. Unabhängig davon, wie der Einzelne ist, würden demnach vorurteilsbasierte Merkmalszuweisungen den eigentlichen Charakter in den Schatten stellen – dabei sollte doch das Gute im Charakter und Verhalten maßgebend sein. Inwiefern kann dies gesund für eine Gesellschaft sein, mit Vorurteilen gegenüber allem und jedem rumzuhantieren, wenn sie doch als ein Gesamtgebilde funktionieren soll? 

Als Muslimin erfährt man oft, dass man nicht dazugehört. Selbstverständliches Verhalten gilt als verwunderlich, sobald es nicht dem Klischee entspricht: gute Deutschkenntnisse, das Sich-Einsetzen für Umweltschutz, das Starkmachen gegen Ungerechtigkeiten u.v.m. Neben Aussehen und Bekleidung ermöglicht es der Name, eine Person zu einer angeblich andersartigen und inkompatiblen Spezies zuzuordnen. Und so schafft man eine Spaltung im Lande und Fremdsein, schürt Hass und Angst. Dabei sind Fremdzuschreibung, Diskriminierung und Entfremdung kontraproduktiv und tragen sicherlich nicht zu einem friedlichen Miteinander bei – um das einsehen zu können, bedarf es lediglich eines gesunden Menschenverstandes.

Alle haben im Grunde ein gemeinsames Ziel, darin sind wir uns einig: ein friedliches, erfülltes Leben. Und keiner wird den Sinn seines Lebens darin entdecken, eine als unterdrückt wahrgenommene Frau, die etwas mehr Kleidung als üblich trägt, im Alltag und Beruf auszugrenzen. Wer Gutes sät, wird Gutes ernten – das ist eine uns allseits bekannte Weisheit. Wir können als deutsche Gesellschaft sehr wohl einen Raum schaffen, wo wir alle vollwertige Mitglieder eines Ganzen sein können, ohne gleich sein zu müssen. Was der Einzelne für sich lebt und glaubt, das soll seine persönliche Entscheidung sein dürfen, wobei das gesamtgesellschaftliche Wohl im Interesse aller sein sollte. 

Lasst uns einander wertschätzen sowie das Gemeinschaftsgefühl stärken – schließlich ist Deutschland unser aller Zuhause. Und was die Vorurteile anbelangt, so steht fest: Das Gespräch miteinander, das Zugehen aufeinander sowie der Austausch untereinander führen uns vor Augen, wie viel wir alle im Grunde gemeinsam haben. Wir sollten wirklich nicht mehr übereinander, sondern miteinander sprechen.

#Autorin: Gül

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